Faszination und Freiheit
Seit ich mit 12 meine erste Fotokamera bekommen habe, bin ich von visuellen Medien fasziniert. Noch lange bevor ich überhaupt eine Filmkamera benutzen durfte, habe ich in meiner Fantasie Filme und dazugehörige Klanglandschaften erfunden.
Die erste Super-Acht Kamera war für mich ein faszinierendes Experimentierfeld. Noch heute überrascht mich der visuelle Gestaltungswille, wenn ich mir meine ersten filmischen Gehversuche anschaue. Meine Musikfilme und Arbeiten für die Schule und das Figurentheater, in dem ich tätig war, waren von der Begeisterung und Faszination für das Medium getrieben. Niemand hat mir dreingeredet, niemand hat mir Druck gemacht. Ich habe mir gestattet, mit dem Material (Filmmaterial kostete Geld) und mit meiner Zeit verschwenderisch umzugehen.
Diese Faszination und den kreativen Experimentiergeist unterstütze und fördere ich mit Beglückung im Rahmen meiner Coachings und Kurse.
Der Schock: Regeln und Struktur
Die Arbeit für das Fernsehen hat meinen luxuriösen Arbeitsabläufen aus dem Hobby-Bereich und dem kreativen Bauchgespür plötzlich Regeln und Struktur gegenüber gestellt. Zeiten und ökonomische Vorgaben mussten eingehalten werden, journalistische Standards waren verpflichtend und standen über Kreativität und Gestaltungswillen. Es hat eine Zeit gedauert, bis ich diese Vorgaben nicht mehr als Behinderung, sondern als hilfreichen Rahmen für meine Arbeit begreifen konnte. Mit ihnen waren die organisatorischen Arbeiten leichter bewältigbar und der rote Faden, den eine Geschichte haben musste, leichter planbar.
Unerwartete Erkenntnis
Einen unendlichen Aha-Schatz über die Bedeutungsebenen der Bilder hat mir der legendäre Dr. Dworschak in seinen Dramaturgieseminaren eröffnet. Sie haben mir gezeigt, dass man den inneren Aufbau von Bildern und Feinheiten in deren Reihenfolge wie eine universelle Sprache einsetzen kann. Eine Sprache, die in den urzeitlichen Wahrnehmungsmustern aus der Phase unserer Menschwerdung in uns verankert ist. Dieses ebenso strenge wie unumstößliche Regelwerk hat sich für mich anstatt als Korsett als ein unendlicher Baukasten zur Gestaltung erschlossen. So wie die 26 Buchstaben unseres Alphabets den gesamten Reichtum der Weltliteratur möglich machen, bieten die dramaturgischen Regeln bei deren Kenntnis die Möglichkeit, auf einer ephemeren Bedeutungsklaviatur zu spielen und so Botschaften effektiver als bloße Sprache weil affektiv mit einer zweiten, dritten und manchmal sogar vierten Bedeutungsebene versehen, an Rezipienten zu bringen.
Wie ein Naturgesetz
Es geht dabei um Regeln, die wie Naturgesetze sind. Auch wenn wir uns heute technisch leicht über die Schwerkraft hinwegsetzen und Roboter auf den Mars schicken, werden Äpfel – wie es Newton vor 340 Jahren bewiesen hat – für ewige Zeiten zu Boden fallen und nicht in den Himmel.
Meine Begeisterung für die Dramaturgie war geweckt und ich habe mich in die einschlägige Literatur hineingetigert.
Das, was ich davon verstanden und auch selbst angewendet habe, gebe ich gern weiter, bevor dieses Wissen verlöscht wie auch unser legendärer Dr. Dworschak, an den ich heute noch immer einige Fragen hätte.
Blutige Nase
In meinen mehr als 30 Jahren professioneller Fernseh- und Videoarbeit habe ich wahrscheinlich keinen Fehler ausgelassen, den man als Filmemacher machen kann. Ich habe mir im übertragenen Sinn blutige Nasen geholt und ganz konkret Kritik, Ablehnung, Häme und finanziellen Verlust.
Dinge, die ich niemandem unter meinen Kolleg:innen wünschen würde.
Wenn ich mit meinem Rucksack an Erfahrung jemandem behilflich sein kann, dann werde ich mich nicht aufdrängen, aber das, was ich an Bewältigungsstrategien kenne, gern zur Verfügung stellen.
In a nutshell
Um es abzurunden: Das, was ich zu erzählen habe, habe ich selber ausprobiert, für gut befunden und kann es aus eigener Erfahrung empfehlen.
Als „alter Hase“ und begeistert analoger Mensch versuche ich _das Handwerk_ zu vermitteln. Also das, was die Grundlagen ausmacht. Nicht das, was gerade in Mode ist.
Anders ausgedrückt: Ich vermittle das Alphabet, das kleine Einmaleins. Damit kann jede:r machen, was er:sie will.
Ob Rap, Roman, Ballade oder dadaistisches Gedicht; die Buchstaben sind der gemeinsame Nenner, also das Alphabet.
Und das ändert sich nicht; egal welche Sprache oder Art von Literatur.