Informationsvermittlung mit Videos sollte etwas mit Verdauung zu tun haben.

Du kennst wahrscheinlich die Unersättlichkeit deiner Auftraggeber für Webvideos. Sie wollen jeden Frame deines Videos ausnützen und eine Menge Informationen hineinquetschen. Das resultiert für dich in Frust und obendrein vermasselst du damit eine effektive Informationsvermittlung. Hier helfe ich dir, es besser zu machen.

Inhaltsverzeichnis

Achtung Overload – Wer bei der Informationsvermittlung mit Videos alles reinpackt, scheitert.

Ein Briefing-Gespräch mit Auftraggebern:

DIES wäre noch wichtig, hineinzupacken ins Video und eigentlich wäre DAS auch unverzichtbar und ein Abriss der 120-jährigen Firmengeschichte muss auch noch rein. Und dann natürlich noch die Vorzüge des neuen Produkts, die Nachhaltigkeit bei der Herstellung, die web4.0 Automatisierung und natürlich das soziale Engagement als Arbeitgeber. Nicht zu vergessen die Klimaneutralität und der hohe Frauenanteil im Vorstand; darauf muss unbedingt hingewiesen werden. In 90 Sekunden müsste sich das doch ausgehen? Oder?“

Und weil du den Auftrag nicht verlieren willst, läufst du wie ein Irrer, besorgst dir einen Schnellrede-Sprecher wie für die „Arzt-oder Apotheker“-Absage, zählst textlich und visuell auf, was sich die Auftraggeber wünschen und produzierst hektisches Bilderl-Radio, das bei keinem Menschen Spuren hinterlässt und somit ­– genau: Schrott!

Damit kannst du sicher sein, dass so bald keine/r mehr ein Video bei dir in Auftrag gibt.

Die Praxis des Überfrachtens bei Briefings nimmt ein Clip der Niederösterreich-Werbung auf’s Korn und versetzt ihm einen humorvollen Twist. Sehenswert. https://www.youtube.com/watch?v=zh91JT1SuZk

Du hast vielleicht schon einmal die grausamen Bilder gesehen von den Gänsen, die man für eine riesige Fettleber mästet und die drei Mal am Tag mit einem Rohr ihr Futter direkt in den Magen gepumpt bekommen. Grauenhaft! Die armen Tiere! Und deine Zuschauer?

Bitte löfferlweise – dosiere die Informationsvermittlung in deinen Videos

Wir wollen das jetzt besser machen. Erinner‘ Dich an Deine Kindheit, als Du den Haferbrei nicht aufessen wolltest! Da hat sich doch dann eine gute Tante zu Dir gesetzt und dir löffelweise den Brei an den Mund geführt, dabei eine Geschichte erzählt und gesagt: „Ein Löfferl für die Mami. Und schlucken! Ein Löfferl für den Papi. Und schlucken! Ein Löfferl für die Mimi-Katze. Und schlucken!…“ Und wenn die ganze Verwandtschaft samt Haustieren durch war, dann war auch der Brei aufgegessen und ist im Baucherl geblieben. Ganz ohne Gezeter.

Genau so funktioniert erfolgreiche Kommunikation. Denk‘ an die ernüchternde Aufmerksamkeitsspanne deines Publikums. 20 – 30 Sekunden bei den Alten, Gebildeten, 8 Sekunden und weniger bei allen, die jünger als 23 sind.

 

Das Bild zeigt, wie Gänse "gestopft" werden. Zur Bildung einer groß0en Fettleber werden sie gewaltsam mit fettem Futter gemästet.
Überfütterung mit Futter oder Information ist grausam und macht krank.

Aufmerksamkeit aufrecht erhalten – das Perlenschnur-Prinzip bei der Informationsvermittlung mit Videos.

Was kannst Du also tun, damit Deine Botschaften ankommen UND hängen bleiben? Verwende das Prinzip von Innovation und Redundanz oder – schmucker ausgedrückt – das Perlenschnur-Prinzip.

Und das geht so: strukturiere deine Botschaften so, dass sie im Idealfall aufeinander aufbauen und dass jede einzelne einen Schau- oder Informations-Anreiz beinhaltet. Veranschlage für jede Sinneinheit 15 – 25 Sekunden (je nach Adressat:innen-Gruppe) und platziere die finale Aussage (Call to action) am Schluß.

Erinner‘ Dich: „Ein Löfferl für die Mami, ein Löfferl für den Papi…“ also: auf’s Schlucken nicht vergessen!

Man sieht, wie ein Kleinkind liebevoll mit dem Löffel gefüttert wird.
Ein Löfferl für die Mami, ein Löfferl für den Papi,... ©bigstock
Zu sehen ist eine Perlenkette.
Eins nach dem Anderen. Das Perlenschnur-Prinzip. ©bigstock

Was brauchen deine Adressat:innen, damit sie deine Botschaft schlucken können? Sie brauchen „Innovation“ – also das, was du an neuem Wissen bieten kannst. Und sie brauchen „Redundanz“. Ja, ich hör‘ euch schon aufheulen: „Sei nicht redundant, das ist nicht effektiv!“ Ja, eh! Aber unsere Adressat:innen müssen unsere Botschaften eben erst einmal schlucken, bevor sie sie verdauen können. Was bedeutet also diese wichtige „Redundanz“? Gib’ ihnen Zeit! Erzähl das bereits gesagte noch einmal. Mit einem Anwendungsbeispiel, aus einem anderen Blickwinkel mit einem spezifischen Vorteil des Produkts/der Information. Das braucht oft nur ein Nebensatz sein, eine Darstellung des Bekannten aus einer anderen Perspektive. Dann erst geh‘ zur nächsten Sinneinheit über.

So kannst Du eine Sinneinheit an die nächste reihen. Wie bei einer Perlenkette. Abhängig von Adressatengruppe und geplanter Länge deines Videos bringst du also pro Minute knapp 3 Sinneinheiten unter. Und bevor du zum Call to action kommst, denk‘ daran, auch das bisher gezeigte noch einmal zusammenfassend in Erinnerung zu rufen. Es geht hier – wie gesagt – nicht nur um gesprochenen Text, sondern um visuellen Text. Also um die kleinen Stories, die du in deinem Video – aufgereiht wie an einer Perlenkette – erzählst.

Dann setze zum Schluss deine finale Botschaft und du kannst davon ausgehen, dass jetzt alle, die das Video gesehen haben, auch wissen, worum es geht und was sie jetzt tun sollten.

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Christian Schrenk

Christian Schrenk ist Diener zweier Katzen und arbeitet seit seiner Jugend mit audiovisuellen Medien. Davon mehr als 30 Jahre für den ORF. Bildbedeutung und Bildwirkung sind seine Obsession. Er hat Film- und Drehbuchpreise sowie Preise für transdisziplinäre Projekte im Bereich Bildung, Kunst und Soziales erhalten und ist Träger der Kulturmedaille der Stadt Linz. Er hat die Hände gern in der Erde seines Gartens, betrachtet als Pilot aber auch die Welt von oben und erhält/restauriert klassische Fahrzeuge der 1960er und 1970er-Jahre.

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